Über Stress und seine Auswirkungen
Die meisten von uns versuchen ihren Tag effektiv zu nutzen – also möglichst viele Dinge an einem einzelnen Tag zu erledigen. Großteils vielleicht in der Hoffnung, dass dann am darauf folgenden Tag weniger zu erledigen ist. Aber wenn der nächste Tag gestartet hat, haben wir unsere To-Do-Liste schon wieder gut mit anderen Dingen gefüllt, die uns dann doch noch so eingefallen sind. Eine To-Do-Liste jagt somit die nächste, egal ob im Haushalt, Familienkram, Freizeitaktivitäten oder im Job.
Unsere Gesellschaft lebt nach dem Motto ,,Höher, schneller, weiter“. Unter Stress zu leiden ist heutzutage schon fast so etwas wie ein Statussymbol. Hat man keinen, macht man es sich im Leben wohl zu leicht – wobei hier dann tendenziell oft der Neid aus anderen spricht.
Doch immer mehr Menschen nehmen wahr, dass dauerhafter Stress kaputt macht. Nicht umsonst schießen Achtsamkeitsseminare, Yogakurse, Resilienztrainings oder Bücher über Persönlichkeitsentwicklung derzeit wie Schwammerl aus dem Boden.
Das ,,ent-stressen“ und ,,bei sich ankommen“ steht hoch im Kurs.
Aber, was hat es eigentlich mit dem Stress auf sich?
Wofür ist er bestens geeignet? Und was ist der Preis für chronischen Stress?
Arten von Stress
Generell gibt es 2 Arten von Stress – den kurz- und langandauernden. Je nachdem, wie lange der Körper Stress ausgesetzt ist, werden unterschiedliche körperliche Systeme aktiviert.
Dafür verantwortlich, ob sich jemand gestresst fühlt, ist immer die Bewertung einer Situation – ist die Situation für mich bedrohlich, fühle ich mich ihr gewachsen oder muss ich flüchten? Evolutionär gesehen spricht man hier von ,,fight or flight“. Das bedeutet, dass das Gehirn zunächst kurzzeitig mit Transmitter geflutet wird. Dadurch wird eine schnelle, reflexartige Reaktion ermöglicht, die praktisch ohne eine bewusste Verarbeitung im Gehirn passiert.
Was passiert im Körper?
Bewerte ich die Situation als bedrohlich, werden im Gehirn Transmitter ausgestoßen, die den Körper aktivieren und somit auf einen Kampf oder eine Flucht vorbereiten. Dazu wird eine Menge Energie benötigt.
So beginnt das Herz schneller zu schlagen, pumpt so vermehrt sauerstoffreiches Blut in die Skelettmuskulatur. Die Leber setzt zusätzlich Energie frei. Der Mensch atmet schneller, die Pupillen erweitern sich.
Reduziert hingegen wird die Tätigkeit im Magen-Darm-Trakt.
Außerdem geht das Gehirn dazu über, die Umwelt nach Gefahren oder bedrohlichen Reizen zu scannen. Die Aufmerksamkeit ist somit sehr oberflächlich.
Das aufmerksame Lesen eines Zeitungsartikels oder das Lernen von neuen Dingen ist unter diesem akuten Stress nicht möglich.
Diese Art der Stressreaktion hält jedoch nur kurz an, da Transmitter eine kurze Halbwertszeit aufweisen. Besteht die Gefahr oder der Stress jedoch noch darüber hinaus, wird ein weiteres Stresssystem in unserem Körper aktiv.
Die zweite Stressreaktion
Diese beginnt erst wenige Minuten nach der Wahrnehmung des Stressors weil sie mittels Hormone funktioniert. Diese müssen aber erst über das Blut an ihre jeweiliges Zielorgan transportiert werden – daher dauert es länger bis die Wirkung dieser Stressachse beginnt, jedoch ist sie langanhaltender.
Stresshormon Cortisol
Steht der Mensch unter länger anhaltenden, chronischen Stress, kommt es unter anderem zu einer massiven Ausschüttung des Stresshormons Cortisol.
Cortisol an sich ist nicht schlecht, wir brauchen es sogar um zu leben. So ist es für einen stabilen Blutdruck und einen konstanten Blutzuckerspiegel verantwortlich. Außerdem erhöht es die Blutgerinnung. In der Gefahrensituation wird durch die Erhöhung des Cortisolspiegels dafür gesorgt, dass im Falle einer Verletzung, der Blutverlust gering gehalten wird. Zusätzlich wirkt Cortisol entzündungshemmend und es reduziert die Immunabwehr!
Die Folgen von chronischem Stress
Körperliche Folgen
Cortisol erhöht den Blutdruck und die Blutgerinnung. Das Risiko eines Blutgerinnsels steigt bei chronischem Stress. Zusammen mit dem dauerhaft erhöhten Blutdruck steigt somit das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls.
Es erhöht außerdem die Produktion von Bauchfett – was wiederum das Risiko von Bluthochdruck, Diabetes oder des Erleidens eines Schlaganfalls oder Herzinfarktes erhöht.
Das Knochenwachstum wird durch Cortisol gehemmt, das Entstehen von Osteoporose wird begünstigt.
Zusätzlich unterdrückt es unser Immunsystem, somit stehen die Türen offen für viele Krankheiten.
Psychische Folgen
Erschöpfungssyndrom, depressive Störungen, Angststörungen, Aufmerksamkeitsstörungen oder aggressive Symptome sind nur einige der psychischen Auswirkungen von chronischem Stress.
Zusätzlich sind die kognitiven Funktionen beeinträchtigt, was neben Aufmerksamkeitsstörungen auch zu Lernstörungen und Problemen bei der Problemlösung führen kann.
Merke:
- Das Gehirn kann unter Stress nicht effektiv und langfristig lernen!
- Chronisch gestresste Kinder, die psychische und physische Gewalt erleben, sind immer auf der langanhaltenden Stressachse aktiv. Oftmals wachsen sie nicht richtig und ein Lernen unter diesen Bedingungen ist kaum möglich!
- Ist das Stresslevel beim Erwachsenen dauerhaft zu hoch, fallen im Schnitt 15 Lebensjahre weg!
Tipp: Haben wir sehr viel um die Ohren und rotieren den ganzen Tag, haben wir meist das Gefühl, dass die Zeit uns durch die Hände rinnt. Nimm dir bewusst wenige Minuten Auszeit am Tag, einfach um dich einmal zu sammeln, durchzuatmen und bewusst zu werden. Dadurch steigst du kurzzeitig aus dem Hamsterrad aus.